Kraków (AAP) - In Masowien kennt die Justiz keine Ruhe. Mit solchem Eifer schlägt sie zu, dass man glauben könnte, die Schlüssel der Kerker seien aus einem Stück mit der Hand des Kerkermeisters geschmiedet worden. Seit der Mitte des Dezember im Jahre 1473 fallen die Urteile wie Schnee über Warschau, dicht, eisig und ohne große Vorwarnung.

Zehn Tage Kerker hier, zehn Tage dort, die schwerste Strafe, welche die Gesetze des Landes vorsehen, verteilt mit der Gleichmäßigkeit einer immer wieder gewandten Sanduhr. Man könnte meinen, der Gerichtskalender kenne nur noch zwei Zeiten, den heutigen Tag und die Verurteilung. Die Gefängnisse Masowiens quellen über, doch wen kümmert es. Wo kein Platz mehr in den Zellen ist, da stapelt man Leiber und Seelen.

Das Merkwürdigste ereignet sich jedoch an der Schwelle des Kerkers selbst. Kaum hat der Gefangene die freie Luft gekostet, legt man ihm bereits den Strick um den Hals. Konrad Pędziwiatr, Alaryk, Lizix, Talar., Harridan und einige andere haben so das seltene Vorrecht einer Freiheit erfahren, die kaum länger währt als ein Herzschlag. Zehn Tage in Eisen, wenige Tage Aufschub, dann der Schafott. Und dies ohne Änderung der Anklage, eine rechtliche Neuerung, die selbst die gelehrtesten Doktoren des kanonischen Rechts nicht zu erdenken gewagt hätten.

So ist es wenig verwunderlich, dass das Murren lauter wird. Man spricht von Prozessen, die nie stattfanden, von Verhandlungen, die niemand sah, und von Strafen, die verdoppelt werden wie ein zu kleines Brot. Andere, der Gerechtigkeit müde, haben das Königreich verlassen, überzeugt davon, dass die Gerichte inzwischen wie eine Presse arbeiten. Man legt einen Namen hinein und erhält ein Urteil zurück.

Geht weiter, scheint man zu sagen, hier gibt es nichts zu sehen, abgesehen von einigen Körpern, die im Winterwind schaukeln. Die Lehre daraus ist klar. In Masowien zählt man besser die Tage als die Rechte. Denn hier schreitet die Justiz voran, stolpert bisweilen, doch sie blickt niemals zurück. Und wenn sie sich selbst in Ketten gelegt hat, so sind es stets die Rechtssuchenden, die deren Gewicht tragen.

Zu lesen : Ksiestwo Mazowieckie


Hieronymus Rhenanus Für die KAP-Agentur der Länder in Mitte

Um das Recht auf Gegendarstellung einzufordern - die internationale KAP